Fast geschenkt zahlt sich nicht aus
Seit Jahren ist sie in aller Munde: Die Krise der Printmedien. Gründe hierfür gibt es viele und es herrscht seltene Einigkeit darüber, dass die Zukunft der gedruckten Information angesichts der digitalen Herausforderungen gar nicht gut aussieht. Die Schlagzeilen Mitte September zur bevorstehenden Kündigungswelle bei der FAZ waren der letzte traurige Höhepunkt eines scheinbar nicht mehr aufzuhaltenden Prozesses, dessen Ende sich heute niemand so recht vorstellen mag. Dass Tageszeitungen hierbei besonders unter dem „Aktualitäts-Problem“ leiden und verzweifelt auf der Suche nach konkurrenzfähigen Online-Konzepten sind, ist offensichtlich. Nicht nur bei vielen Tageszeitungen, sondern auch bei Special Interest-Blättern, die seit Jahren am Markt erscheinen und trotzdem ums Überleben kämpfen, sinken die Zahlen der verkauften Exemplare in den letzten Jahren kontinuierlich. Qualitätsjournalismus ist teuer – keine Frage – und wenn die Auflage sinkt, Anzeigenkunden weg bleiben und der Abopreis ausgereizt erscheint, wird zu merkwürdigen und strategisch bedenklichen Mitteln gegriffen. Zur Aboprämie. Renommierte Tages- und Fachzeitschriften bieten sich gegenseitig einen harten Kampf in Sachen Aboprämien, um auch noch den letzten potenziellen Leser als Abonnenten zu gewinnen. Dieser Kampf legt beredtes Zeugnis darüber ab, wie es um den Qualitätsjournalismus in Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes bestellt ist!
1,70 € für eine Ausgabe der Wirtschaftswoche im Jahresabo
Schaut man sich zum Beispiel die aktuelle Ausgabe der Wirtschaftswoche an, so kann man sich bei Abschluss eines Jahresabonnements entweder ein nagelneues Android Tablet oder satte 170 € in bar schenken lassen. Entscheidet man sich für Letzteres und bedenkt man, dass das Abo regulär 258 € pro Jahr kostet, ist das im wahrsten Sinne des Wortes echt billig: 88 € für ein Jahr – das sind rund 1,70 € pro Ausgabe! Nur geringfügig mehr als eine kleine Portion Pommes in einer der bekannten Fastfood-Ketten! Auch die monatlich erscheinende Capital gibt`s im Jahresabo mit Geldprämie für 50 € statt 90 €. Und ganze 49 % billiger kann man die Welt am Sonntag im Jahresabonnement für 90 € lesen.
Dass sich um das Thema Aboprämie eine ganze Dienstleistungsbranche herum entwickelt hat, zeigen die zahlreichen Websites, die minutiös vorrechnen und anschaulich visualisieren, wie viel man bei Abschluss eines Abonnements sparen kann – und das für (fast) jedes Blatt, das in Deutschland erscheint. Und Sparen kann man viel!
Das Ziel ist klar! Mit derartigen Lockangeboten wird versucht, schnell Reichweite einzukaufen und Umsätze zu machen. Bewusst wird darauf spekuliert, dass viele Neu-Abonnenten schlichtweg vergessen, das Abo wieder zu kündigen. Und wenn doch, ist gleich das nächste unwiderstehliche Abo-Prämien-Angebot zur Stelle. Diese „Abo-Politik“ ist jedoch gefährlich. Denn was mehr oder weniger kostenlos ist, kann nichts wert sein, und deshalb erweisen sich die Verlage hier einen Bärendienst. Wer sich selbst als „leicht und billig zu haben“ kommuniziert und verkauft, der scheint seinen eigenen Wert nicht zu kennen oder nicht guten Gewissens selbstbewusst nach außen vertreten zu wollen. „Rabattitis“ heißt diese verbreitete Krankheit (auch „Praktiker Effekt“ genannt) die schon das Aus für viele Unternehmen bedeutet hat. Für die Printmedien bringt diese Form der Abonnenten-Gewinnung vor allem auch Probleme in Bezug auf eine wertige Markenführung mit sich, wird doch der journalistische Wert des Blattes ganz klar durch Abo-Billigpreise in Frage gestellt. Hat ein Titel wie die Wirtschaftswoche mit kompetenten und renommierten Journalisten an Bord es nötig, sich zum Schleuderpreis zu verkaufen? Bestimmt nicht! Es wird Zeit, dass die Verlage lernen, den Wert ihrer Qualitätsblätter zu schätzen und zu kommunizieren, um ihre Leserschaft weiterhin mit guten Inhalten, anstatt mit guten Abo-Prämien als treue Kunden zu gewinnen.